Archive for February 2007

Momentaufnahme

Gerade höre ich das neue Album von Neal Morse. Es heißt “Sola Scriptura” und ist eine ungemein positive Ãœberraschung. Ich habe bislang “nur” die ersten beiden Stücke gehört. Diese dafür mehrmals, weil sie ungemein fesselnd und vielschichtig sind. Und lang. 29 bzw. 25 Minuten lang zelebriert der ehemalige Spock’s Beard-Frontmann stimmungsvollen Progressive Rock. Manche Stellen sind unerwartet heavy. Die Atmosphäre ist ungewohnt düster und nachdenklich. Es gibt viele eingängige Momente, aber auch zahlreiche abgefahrene Takt- und Harmonieverschachtelungen. Schon jetzt steht fest: Dieses Album erfüllt sämtliche Erwartungen, die ich seinerzeit bei “Snow” hatte.

Keine Lieder über Solarzellen

Dieser Text (ursprünglich bei Vampster erschienen) richtet sich in erster Linie an aktive Musikerinnen und Musiker. Es ist ein Aufruf an alle, die Texte von Heavy Metal-Liedern schreiben: Emanzipiert euch! Die Zukunft des gesamten Musikstils hängt davon ab.

Das Fass ist übergelaufen. Auslöser dafür war kein Tropfen, Auslöser dafür war eine Flut, die eigentlich überdeutlich in meinem Plattenschrank zu sehen ist: Heavy Metal-Songtexte sind überwiegend primitiv und im höchsten Maße unoriginell. Die Erkenntnis ist wenig überraschend, aber doch erschreckend. Ich brauche nur blind ein Inlay aus dem CD-Regal herausgreifen und zwei, drei Zeilen lesen. Mit etwas Glück ist es die Dankesliste. Wahrscheinlicher geht es jedoch um Werte wie Freiheit und den Kampf gegen das Böse. Jeder Metal-Fan kann das bei sich zu Hause ausprobieren; einfach reingreifen und lesen. Es wird vage sein. Es wird schwammig sein. Und möglicherweise wird man feststellen, dass man die folgenden drölf Zeilen, die um der Reime Willen nahezu sinnfrei gehalten wurden, auswendig kennt. Man kennt tatsächlich Hunderte von Schlachthymnen, aber kein Rezept für leckeres Rissotto. Man kennt den Namen des Schwerts, mit dem Fingolfin zum Kampf gegen Morgoth auszog, weiß aber nicht, wie der Bundesverkehrsminister heißt. Man kennt 50 verschiedene Gedichte über die heldenhafte Rettung einer Prinzessin aus tiefstem Kerker, findet aber keine Worte um das Objekt seiner heimlichen Sehnsucht auf einen Kaffee einzuladen.

Beim zweiten Blick in den Plattenschrank wird mir klar, dass da eine ganze Menge Lieder drinstecken, die in ihrer Gesamtheit ungleich weniger Themen behandeln – und das meist ungemein oberflächlich. Wo sind ausgefeilte Gesellschaftstheorien? Wo sind konkrete Lösungsansätze für soziale Konflikte? Wo sind fesselnde Geschichten mit tiefgründigen Charakteren und verworrenen Handlungssträngen? Damit meine ich keinesfalls all jene Konzeptalben über Gehirnwäsche und Seelenwanderung, die einzig sprachlich verworren sind. Derart unlogische, überkonstruierte Inhalte machen mich immer ganz kirre; ein wenig Philosophie, reichlich Esoterik; ein wenig Fantasy, viel Mittelerdezweitverwertung; ein wenig Sinn, scheinbar unendlich viel Irrsinn. Selbstverständlich hat nicht jede gute Band ein lyrisches Talent in ihren Reihen. Doch bevor man deshalb einen weiteren stumpfen Text über Ehre und Tod – oder gar 12 davon – dichtet, sollte man nur mal bedenken, welche pragmatischen Vorteile es hat, wenn man Songtitel wie “Shopping Cart Race”, “Graveyard Girl” und “My PIN is 7144” statt “Glory of Steel”, “Lord of Darkness” und “Angel of War” hat. Jeder in der Band weiß sofort, um welches Lied es gerade geht, und das Publikum vergisst Band und Lieder nicht gleich nach der Umbaupause.

Neben der Einfältigkeit finde ich die Realitätsimmunität vieler Texte Besorgnis erregend. Eine Pubertät lang ist Fantasy ja ganz nett und ein bisschen Träumerei hat noch niemandem geschadet. Immerhin hören einige Leute die Musik nicht zuletzt, um vom Alltag etwas Abstand zu gewinnen. Dass aber jeder Ansatz von Bedeutung erbarmungslos von Metaphern (und solchen, die es werden wollen) erschlagen wird, sollte eigentlich zu einem umgehenden Boykott führen. Gerade wenn die Musik im Vordergrund stehen soll oder der Gesang ohnehin unverständlich ist, wäre es ein Frevel, die Texte für Zombiebanalitäten oder eben Religionsbeschimpfungen zu vergeuden. Schließlich gibt es mittlerweile ausgereifte memetische Religionstheorien, die ungleich effektiver und subversiver wirken, sowie die Möglichkeit mit Fachkräften aus Medizin und Forschung in Sachen Blut und Gedärme zu kooperieren. Und wenn’s im Studio mal schnell gehen muss, könnte man auch Beipackzettel nehmen. Zu Risiken und Nebenwirkungen hören Sie Grindcore!

Ich bin mir bewusst, dass meine Forderungen unrealistisch sind und ich möglicherweise der einzige bin, der sich fragt, was sein könnte. Und natürlich sieht die Sache bei anderen Musikstilen ähnlich aus. Doch genau das ist DIE Chance für den Heavy Metal, fit für die Zukunft zu werden. Der aktuelle Charthit über das gebrochene Herz wird so schnell gehen, wie er gekommen ist, und das Zielpublikum des Volkmusikschlagers über die Gaudi auf’m Dorffest stirbt langsam aber sicher aus – WENN denn der Heavy Metal aufwacht, sich textlich neu erfindet und die heutige Jugend davor bewahrt, in der Musik einzig den Soundtrack für Sauforgien und Paarungsrituale zu sehen. Dazu braucht es Speed Metal-Songs, die sich statt um die Mitternachtssonne um die Mitternachtsformel drehen – schon sind E-Gitarren mitten im Matheunterricht! Die Lücke zwischen “Alexander, The Great” und “Louis XIV” muss ebenfalls dringend mit frischem Edelmetall geschlossen werden. Langhaarige Gestalten werden dann nicht mehr länger Inselbegabte sein, die im Englischunterricht mit der Kenntnis von 17 Begriffen zur Ãœbersetzung von töten/vernichten ihre mündliche Note retten.

Auch außerhalb der Schule gibt es unendlich viele Möglichkeiten! Warum nicht Doom Metal-Hymnen übers langsame Älterwerden und Ansätze zur Rentenfinanzierung? Warum nicht Death Metal-Songs darüber, dass das Baby, das man eigentlich von Herzen liebt, die dritte Nacht in Folge durchschreit und man den Zorn in sich aufsteigen spürt? Warum nicht Hardrock-Nummern über die Tücken von Steuererklärungen? Warum nicht Progressive Metal-Epen über objektorientiertes Programmieren? Warum nicht skurriler Humor auf einem Power Metal-Album, z.B. “Wenn der Drache seine Tage hat”?

Nur so wird der Heavy Metal die Welt retten können!

“Aren’t you relieved to know that you’re not a golem?”

Stranger Than Fiction was the delightful comedy I had hoped for. It wasn’t flawless and I might have preferred a different ending. But Dustin Hoffman totally owned the screen and delivered some incredibly funny lines. I guess some of them are only funny in an academic context, e.g. the part about “little did he know”. I’ve seen plenty of movies with Emma Thompson, so I was surprised I wasn’t biased. It’s a pity that she and Hoffman didn’t get more screen time together. Her character was quite unique and therefore refreshing. As stupid as it may sound: I could relate to her, as far as that’s possible.

I just read the previous sentence, and boy, it does sound stupid. Anyway, I watched a couple of DVDs last week. Children of Men was a bit disappointing story-wise, but the camera work was nothing short of amazing. Michael Caine was superb and his joke about the Englishman eating stork fillet was hilarious. Having Deep Purple in the soundtrack didn’t hurt, either. The premise was fascinating and distressing. Compared to V for Vendetta, the plot was too simple and the resolution too arbitrary for my taste, though.

Some Kind of Monster was entertaining; a solid mixture of music, business, music business, and psychology. Some of the coolest scenes were on the second DVD (e.g., Lars Ulrich getting upset about Jason Newsted), so I was glad I didn’t watch it in the theatre in the first place. In case you think I’m watching too many movies, just take a look at Cinemania. It’s a documentary about five movie nerds who spend almost every waking hour in front of the big screen. Crazy stuff.

We Feed the World suffered from a slow pace. Still, the documentary about food production raised important issues and illustrated why I stopped eating meat a few years ago. And then there was a movie which can possible make you abandon fish: Airplane! I was surprised to see Julie Hagerty playing the female lead role. The DVD had an audio commentary track by Jim Abrahams, David Zucker, Jerry Zucker, and producer Jon Davison. They basically laughed all the time. It wasn’t the annoying kind of laughter; neither was it the pointless kind of commentary that made Wedding Crashers even more boring. The guys just had a good time. The whole thing was almost as funny as the cast commentary on She’s the Man. (NB: Julie Hagerty is in that movie, as well!) Speaking of which: She’s the Man continues to be a source of joy and rapture. Even if it’s just a single line like Olivia warning Viola: “Beware the old guy chewing gum… it’s not gum.” Made me laugh for a couple of minutes, once again.

Frog X

Yesterday, I was very lazy. I spent a couple of hours compiling a list of movies I’ve seen in my life so far. It’s too long to post here and, of course, incomplete. It’s funny and somewhat shocking how many American mainstream comedies there are on it. Did I really spend my childhood in front of the TV? No, I didn’t. Actually, I spent a considerable amount of time reading flight schedules.

Last Friday, I finished reading Lights, Camera, Amalee. It’s always a bit sad when you reach the end of a good book. You get to know the characters, you discover some new wisdom, you relate. And then, when it’s over, you don’t want it to be over, because the ending is filled with hope and expectations. It’s not open, don’t get me wrong. But instead of living another day with Amalee and her friends, it’s time to embrace reality and translate said wisdom into actions; always one of my weak points. Dar Williams managed to write a gripping story with many quirky, yet likeable characters. It features the protagonist of her first book, Amalee. While Dar struggled with a twist the first time around, her second book is all smiles and joy and elation. And frogs. Seriously, the more I think of it, the more admire her talent, because this time around, she managed to write a book for young people that is up-to-date and still feels very natural. In fact, it’s the opposite of pretentious. It’s all about being insatiable curious, valuing your friends, and making a movie.

Dar Williams and me (January 14th, 2006)

Growing up

Let’s turn the question around: why do we smile at young kids, make antics, and say silly things? Dar Williams wrote in her book Amalee (p.157):

Adults pretend not to, but they really want kids to like them. When kids don’t like you, you get afraid that you’ve forgotten what it’s like to be a kid.

Dar is an enormously gifted writer. (I prefer her lyrics, though.) Hence, I find myself struggling to add anything of substance to the observation quoted above. I’m tempted to dwell in childhood memories, but I don’t want to bore you. Just let me remark that there were times I couldn’t wait to grow up. I’ve always sought the company of older kids—or rather that of smarter ones; not to bask in reflected glory, but to learn from them and to be challenged. As a teenager, I didn’t care about (young) children. There weren’t any in my family (nor in our friends’ families) and I had more important things to do, anyway.

Slowly, my memories began to fade. New exciting stuff was happening all the time: new music, new friends, new philosophical challenges, new postal codes—or in other words: puberty. I maintained an affection for Lego throughout the years, but that’s beside the point. A friend of mine once thanked his parents for what he called a “perfect childhood”. Mine wasn’t that bad, either. What I’m trying to say is: I was happy.

There were several instances where I realized that I was about to lose all those fond memories: re-discovering Geier Sturzflug, re-reading Momo, looking through old photo albums. I never wanted to live in the past. But the older I got, the more I wanted to preserve at least some of the magic that surrounded those moments. Suddenly, I found myself relishing opportunities to talk with my parents and their friends about the past. I started reading children books again, including some I didn’t read as a kid (e.g., The Scarlet Pimpernel, Anne of Green Gables).

Sometimes, I’m tempted to write down autobiographical notes about my childhood. But life goes on and there’s never enough time. I’m glad I started keeping a diary back in 1994. Even though my entries are sometimes rather condensed, these volumes are probably the first thing I’d save if my home was on fire. From time to time I spend an hour or two and read through the pages, reliving those funny or sad (or both) moments. As I stated before, my focus is on the present and the immediate future. But those little journeys to the past are almost always enjoyable and a nice change from the daily grind. As for the memories from my childhood, I’ll leave the closing words to Hansi Kürsch. More than a decade ago his band Blind Guardian released Imaginations from the Other Side, an album which is nothing short but perfect. The title song deals with the very topic of this post and contains the lines:

So I look into myself to the days when I was just a child
Come follow me to wonderland and see the tale that never ends

Social shopping systems

I like to go shopping. I loathe the title “Ka-ching”, but the song itself is formidable. I enjoy the process of buying and subsequentially owning. I could do without the other costumers, though. It’s not that I loathe them (at least not all of them), but I don’t really care about them. But since there almost always around, you have to put up with them. I spent a considerable amount of my shopping time pondering about elaborate schemes concerning social interaction in shops. Fueled by the themes and of Clerks, I devised wild theories and felt the urge to write a book about social shopping systems more than once. Unfortunately, I don’t have time for this, so a short outline of one of the chapters will have to do. In fact, it’s just a little comment I wrote when I read these questions to the world. One of the questions is, why you make antics when being faced with a child, but not with an adult, when you’re waiting in a queue in a supermarket.

“Title dictates behavior.” As a costumer in a convenience store you’re not supposed to make silly faces – unless, of course, to entertain a little child. Now imagine it’s carnival season. You can dress like a madman and make silly faces all you want without anybody bothering. Naturally, you can behave like that when you’re shopping. But on the long run, every order to stay away from a respective shop brings you one step closer to starvation.

A different explanation, which has nothing to with shopping in particular, is based on rationality, or better: irrationality. Kids don’t mind when you’re telling them irrational stuff. “Sneezing trees” is just one example. It’s not that they immediately believe everything. But they are less inclined to shake their heads when you tell them that an invisible and undetectable Flying Spaghetti Monster created the universe. It might be the same with antics and the like. Children are okay with you barking like a dog or flapping your arms like a butterfly. They do it themselves all the time. Only when they grow up, they start being rational and stop fooling around. This change is presumably a gradual one and deserves a post on its own. So I’ll finish this one with the words Kristoffer once wrote (in a somewhat different context):

I think the truth of Santa Claus and the Easter Bunny does alot more damage to a child than any computer game can. Seriously, think of the damage when a child realises that his/hers parents, the very people who are suppose to take care and look after you, have been lying about that for all these years, and everyone else is in on it as well!