Element of Crime live in Ulm

Während ich häufig bei Konzerten auf die Hauptband warte und dem Vorprogram mit Skepsis begegne, war es letzten Dienstag umgekehrt. Nachdem ich Von wegen Lisbeth letztes Jahr in Potsdam und Stuttgart live gesehen hatte, wollte ich nicht bis zur Headliner-Tour im Herbst warten. So fuhr ich nach Ulm ins Roxy, wo um Punkt 20 Uhr die Lichter ausgingen und Element of Crime-Frontmann Sven Regener die Vorband ankündigte mit den Worten “Die sind halb so alt wie wir und doppelt so gut. Sie sind jung. Sie sind schön und sie sehen toll aus und sie können übers Wasser wandeln. Sie geben sich selbst einen seltsamen Namen, aber den tragen sie mit Stolz und Würde. Hier sind sie: Von wegen Lisbeth.”

Dem habe ich eigentlich nur wenig hinzuzufügen. Los ging es mit “Bäreneck”, dessen Stimmung gleich gut beim Publikum ankam. Nach “Mon Cheri” folgte der wohl poppigste Titel des Abends, nämlich “Sushi”. Spätestens hier kippte dann die Abwarthaltung der meisten Zuschauer, denn es folgte lautstarker Applaus. “Zimmer” unterstrich anschließend die ausgezeichnete Passung Von wegen Lisbeth mit der Hauptband, die man so eigentlich gar nicht zwischen Indie-Pop und Retro-Romantik-Melancholie erwarten würde. Noch melancholischer wurde die Stimmung dann bei einer neuen Ballade. “Lang Lebe die störung im Betriebsablauf” war auch schon der letzte Song, der bislang nichts von seinem Reiz eingebüst hat – im Gegenteil, gerade live ist der Groove herrlich mitreißend. Dankenswerterweise war der Sound bestens ausgesteuert und die Lautstärke nicht übertrieben. Zum Glück gibt es im kommenden Herbst eine Headliner-Tour der Truppe, wo sie dann sicher länger als 25 Minuten spielen (dürfen).

Von wegen Lisbeth

Zwanzig Minuten später betraten dann Element of Crime die Bühne. Der Sound war verblüffend nah an den Studioaufnahmen dran. Gerade die Rhythmusgruppe wirkte recht zurückhaltend. Richtig lebendig wurde die Musik durch die gefühlvolle Lead-Gitarre und natürlich durch den charismatischen Gesang von Regener. Als Gelegenheitshörer von Element of Crime freute ich mich über den tollen Sound, da die Texte gut verständlich waren und immer wieder mit faszinierenden Ausdrücken (“ex-Spargelkönig”) begeisterte. Das Publikum lauschte eher zurückhaltend, spendete aber zwischendurch kräftig Applaus. Dreimal zwei Songs als Zugabe waren die logische Konsequenz eines kurzweiligen Auftritts in der gut gefüllten Roxy-Werkhalle. Meine Lieblingsstücke des Konzerts waren “Immer da wo du bist bin ich nie”, “Immer noch Liebe in mir” und das flotte “Mehr als sie erlaubt”.

Von wegen Lisbeth live in Stuttgart

Ich habe die Zukunft gesehen. Sie tanzt. Von wegen Lisbeth spielten im Rahmen des Hellopop-Festivals in Stuttgart im Im Wizemann (Club). Mühelos überzeugte das Berliner Quintett das Publikum, in dem ich zur Abwechslung mal zu den älteren Semestern gehörte. Dabei gab es gleich zu Beginn zwei bislang unveröffentlichte Stücke. Melodie, Groove und Eingängigkeit waren aber auch hier sofort zur Stelle. Es gab reichlich Applaus. Die Band verzichtete angesichts der Festival-Situation auf ausschweifende Ansagen. Stattdessen gab es eine Stunde lang durchweg flotte Stücke, die mit Popappeal, eigenwilligen und doch auch nachvollziehbaren Texten und rockiger Liveatmosphäre punkten konnten.

Nachdem ich Von wegen Lisbeth im September diesen Jahres in Potsdam live gesehen hatte, ohne vorab mehr als ein paar YouTube-Videos zu kennen, war ich diesmal besser “vorbereitet”. So gefielen mir neben den Bandhits “Sushi” und “Lang lebe die Störung im Betriebsablauf” gerade die neuen (?) Songs “Bitch” (toller Beat, griffige Textphrasen in den Versen und im Refrain) und “Vor deiner Tür” (klasse Atmosphäre). Einmal mehr faszinierte die Band mit zahlreichen Instrumentenwechseln, gerne auch innerhalb einzelner Songs. Optisch zeigte sich die Klangvielfalt unter anderem in der Abwesenheit der sonst so verbreiten MacBooks. Auf alle Fälle war es ein starker Auftritt, der Von wegen Lisbeth einige neue Fans beschert haben dürfte. Ich hoffe nun, dass ich nicht allzu lange auf den nächsten Konzertbesuch warten muss.

Von wegen Lisbeth live in Stuttgart (Foto von Jutze)

  1. Vor deiner Tür
  2. Bäreneck
  3. Kafka Luise
  4. Plötzlich
  5. Milchschaum
  6. Drüben bei Penny
  7. Lang lebe die Störung im Betriebsablauf
  8. Bitch
  9. US-Studie
  10. Sushi
  11. 14 Tage Testversion
  12. Schwester
  13. Das Zimmer

Von wegen Lisbeth live in Potsdam

Kurz entschlossen besuchte ich am 12. September das Konzert von Von wegen Lisbeth im Waschhaus in Potsdam. Ich hatte am Tag des Auftritts zum ersten Mal von der Existenz der Band erfahren und ein paar Stücke auf YouTube angehört. Für 15 Euro an der Abendkasse kam ich so in den Genuss eines kurzweiligen Popmusikkonzertabends. Als Vorband spielten Findlay. Im vorderen Teil der Halle gab es leider sehr viel Bassgewummer, so dass Gesang und Melodien häufig im Lärm untergingen. Bei eingängigeren Songs wie “Electric Bones” wusste die Musik aber durchaus zu gefallen, zumal der Gesang bei aller Eigenwilligkeit eingängig blieb. Insgesamt hätte ich das Ganze natürlich gerne poppiger gehabt, da ich mit Grunge-Gitarren so meine Probleme habe. Den etwa 150 anwesenden Leuten schien es zu gefallen, wenngleich es nach acht Stücken keine nennenswerten Zugaberufe gab.

Von wegen Lisbeth machten im Anschluss daran praktisch alles richtig. Statt einem pseudoatmosphärischen Intro vom Band, begann der Auftritt mit einer passenden Keyboardexploration, die nahtlos in den Opener “Vor deiner Tür” überging. Mit vermeintlich einfachen Worten näherte sich das Lied vermeintlich einfachen Begebenheiten, doch zusammen mit der fluffigen, flotten, aufgeräumten und zugleich schwungvollen Popmusik wurde ich sofort in den Bann gezogen. Die Rhythmusgruppe legte einen starken Groove vor, auf dem sich Gesang, aber auch Gitarrenlicks, Elektro-Spielereien und Glockenspiel ausbreiten konnten. Die Stücke waren eingängig, eben nicht, weil der Titel zigmal wiederholt wurde, sondern weil Zeilen wie “Lang lebe die Störung im Betriebsablauf” so charakterstark sind, dass man unweigerlich den Drang verspürt, an Ort und Stelle ein Plakat mit dem Slogan zu malen. Manche Kompositionen wirkten ein wenig austauschbar, doch es war da eben etwas Eigenständiges, das deutlich zeigte, dass hier eine Band ihren Stil gefunden hatte.

Die fünf Musiker hatten sichtlich Spaß und lebten die Musik auf der Bühne, jeder auf seine Art. Statt dämlicher Loops gab es wohl dosiert Offbeats und richtiges Schlagzeug, welches von einem jüngen Simon Phillips-Klon gekonnt bearbeitet wurde. Statt langweiliger Soloteile gab es heitere Ansage; statt Coverversionen gab es durchgängig tanzbare Stücke, die bereits beim ersten Anhören zündeten. Kaum jemand im (überwiegend jungen, weiblichen) Publikum stand still. Statt verkrampft mit dem Handy das Geschehen zu filmen wurde getanzt, wurden die Gefühle der Musik verinnerlicht. (Entsprechend habe ich auch nur rasch ein einzelnes, unten zu sehendes Bild gemacht, was mit meinem Super-Duper-Handy auch ganz toll gelungen ist.) Etwa anderthalb Stunden lang waren Band und Publikum gemeinsam glücklich, wobei dieser Zustand auch nach den drei Zugabeliedern fortbestand.

Von wegen Lisbeth live in Potsdam (2015-09-12)

  1. Vor deiner Tür
  2. Bäreneck
  3. Schwester
  4. Kafka Luise
  5. Plötzlich
  6. Hellersdorf
  7. Cherie
  8. Milchschaum
  9. Drüben bei Penny
  10. Lang lebe die Störung im Betriebsablauf
  11. Bitch
  12. US-Studie
  13. Sushi
  14. Pflicht
  15. 14 Tage Testversion
  16. Das Zimmer

Von wegen Lisbeth Setlist (Konzert in Potsdam, 2015-09-12)