Es war Zeit für das Schreiben.

Wie Terry Pratchett in Schweinsgalopp so schön bemerkte, bedarf es eines Anfangs. Der war in meinem Fall im Oktober. Seither habe ich nur noch wenig oder gar keinen Kontakt mit jenen Leuten, mit denen ich zuvor fast täglich zu tun hatte. Weihnachten hätte sich natürlich für einen sozialen Rundumschlag angeboten. Aber die beiden Ferienwochen bei meinen Eltern sollten nicht in Hektik ausarten. So vernahmen meine Bekannten, die jenseits des Stuttgarter Raums leben, aus meiner Richtung lediglich ein profundes Schweigen.

Auf der Suche nach einem Grund für meine Kommunikationslosigkeit, blieb ich immer wieder daran hängen, dass ich prinzipiell eine Massen-E-Mail hätte schreiben können. Sie hätte die wesentlichen Geschehnisse enthalten: Ich hatte statistische Sachen gelernt, kulturelle Erfahrungen gemacht und zu meinem eigenen Vergnügen eine Geschichte geschrieben. Aber war das etwas, das andere Leute auf ihrem Weg weiterbringen würde? Würden sie etwas mit meinem Anfang anfangen können? Nein, dachte ich mir und verschob die überfälligen Briefe immer wieder. Selbst jetzt fällt es mir leichter, diese Gedankenwirbel aufzuschreiben, als eine persönliche Nachricht zu verfassen.

Hallo Robert,

das Ende von NP.de habe ich mit großer Trauer zur Kenntnis genommen. Ich hoffe, dass Dein Leben Dich für die virtuellen Ereignisse, die Dir jetzt entgehen, mehr als nur entschädigt. Ich bin versucht, eine lo-fi Schauspielerin-Fanseite zu konzipieren, so mit Courier-Schrift und keinem Update mit mehr als drei Sätzen. Aber in etwas vernünftiger Form betreibe ich das ja schon. Und auch mein Tag hat 24 Stunden, mit denen ich häufig sehr unverantwortlich, ja, verschwenderisch umgehe – zum Beispiel schlafe ich viel. Mr. Magoriums Wunderladen fand ich klasse – war perfekt für mein kindliches Gemüt. Aber das nur am Rande. Auch wenn ich nicht weiß in welcher Form, so hoffe ich doch, dass wir irgendwann mal wieder voneinander hören bzw. uns sehen.

Viele Grüße aus dem regnerischen Brüssel,

Jutze

PS: Nicht, dass Du Dich wunderst: Ich habe diese Mail in meinem Blog gepostet – hat sich so ergeben. (Nur so zur Info.)

Kann man persönliche Nachrichten am Fließband schreiben? Ich habe meine Problem damit, kontinuierlich zu schreiben, weil ich dazu neige, mich in Details zu verlieren oder eine halbe Ewigkeit nach der passenden Formulierung zu suchen. Wenn ich erst einmal schreibe, stelle ich immer wieder verblüfft fest, dass es mehrere passende Formulierung gibt und mir meistens auch eine einfällt. (Happy End.)

Somit bleibt die Frage nach dem Zwischenteil. Soll ich von tollen Kursen schwärmen oder über langweilige Kurse ablästern? Soll ich mein Studium ausklammern und über die Menschen um mich herum berichten? Soll ich über meine (noch vagen) Zukunftspläne philosophieren oder doch lieber die gemeinsame Vergangenheit nostalgisch verklären? Soll ich einfach fragen, wie es geht, oder einen Fragenkatalog zusammenstellen? Denn ich bin durchaus interessiert, was die wichtigen Leute im meinem Leben so machen. Ich will wissen, wenn sie lieben, was sie hören, was ihnen Kummer macht und wovon sie träumen, wenn niemand hinsieht.

Es war Zeit für das Schreiben, denn außer der Uni hatte ich nichts zu tun. Sicher, ich hätte meine Sprachkenntnisse aktiv ausbauen oder joggen können. Aber selbst dann wäre noch Zeit für das Schreiben gewesen. Zeit, einige Momente einzufangen und mitzuteilen. Zeit, über die Distanz hinweg die Nähe zu erhalten. Zeit, Gedanken festzuhalten, die man nur Leuten mitteilt, die man kennt, weil sie sonst entweder gegen einen verwendet werden können oder einfach niemanden sonst interessieren. (Meistens letzteres.) Doch je länger ich zögere, desto schwerer finde ich die Worte, den Anfang, das persönliche Moment. (Dabei wäre es doch fast schon romantisch, wenn man statt vieler Worte einfach ein paar Blumen vor die Türe stellt. Oder eben ersatzweise welche malt und Grüße dazu schreibt.)

Ich würde gerne so großartig schreiben können wie Terry Pratchett – womit der Kreis geschlossen wäre. Ich hoffe natürlich, dass meine Geschichte im weiteren Verlauf nicht blutig wird.